Der Computer, an dem Sie dies betrachten, verdankt den Vorarbeiten viel, die der Mathematiker Alan Turing hier geleistet hat, in der kleinen grünen Hütte in Bletchley Park.
Turing arbeitete damals an einer automatischen Methode, um den deutschen Enigma-Code zu knacken. Die Vorarbeiten dazu allerdings drehten sich um ein rein mathematisch-philosophisches Rätsel, das sogenannte Entscheidungsproblem. Bletchley Park ist ein eigenartiger Ort. Er huldigt natürlich dem Mathematiker, zeigt Fotos von ihm, eine Statue, sogar seinen Teddybär. Nachbauten seiner Rechenmaschinen sind zu sehen. Doch das Sammelsurium der Ausstellung wirkt zunächst verwunderlich. Auf Tassen steht „Enigma“ gedruckt – dabei war das doch das Codiersystem der Wehrmacht. Auch das Kino ist nach Enigma benannt. Auf anderen Tassen sind Reproduktionen von Lebensmittelmarken zu sehen – ein Symbol der Mangelwirtschaft. Beide Motive verwundern zunächst. Neben dem Kernbereich der Ausstellung sind Oldtimer zu sehen und sogar die alten Fahrradständer von damals. Hier wird nicht in erster Linie der Aufbruch ins Computerzeitalter gefeiert, die Sehnsucht nach der technischen Perfektibilität der Gesellschaft gemäß der kalifornischen Ideologie, wie sie etwa von „Wired“ zelebriert wird. Bletchley Park blickt nicht nach vorne, sondern zurück. Im Zentrum steht ein nostalgischer Patriotismus, der eine einst große Nation feiert, vereint durch die Kriegsanstrengung. Gerne wird in Bletchley Park geheiratet. Weil alles so schön altmodisch wirkt. Als sei damals die Welt noch heil gewesen. Der Andenkenschop quillt über von süßlichen Nostalgieprodukten: Keksen aus Bletchley Park und natürlich auch Tee mit dem Logo des Museums, garniert mit dem Spruch: „You can’t beat a cuppa in a crisis“.
In 10 Minuten zum Experten: Hier der „Instant Expert“ zum Thema Turings Erbe, zusammgengestellt vom „New Scientist“.