Steve Wozniak zum 60. Geburtstag

Im Buch „Mekkas der Moderne“ berichtet Steve Wozniak, („the other Steve“) über Legenden und Mythen rings um die berühmte Apple-Garage:

„Viele Leute glauben, dass wir den Apple-Computer 1975 in einer Garage entwickelt haben. Aber die verwechseln wahrscheinlich die Geschichte von Apple mit der Geschichte von Bill Hewlett und Dave Packard, die tatsächlich 1939 in Palo Alto in einer Garage anfingen.

Bei uns war das anders. Wir bauten die ersten Apple-Computer zusammen wo immer wir konnten: auf dem Küchentisch, im Schlafzimmer, wo auch immer. Nur zum Testen brachten wir die Rechner dann in die Garage von Steve Jobs‘ Eltern im Crist Drive 11161 in Palo Alto (heute 2066 Crist Drive, Anm. d. Red.). Wir testeten die Computer in der Garage, weil wir ja nicht die ganze Zeit den Wohnzimmertisch in Beschlag nehmen wollten. Um die Funktionen zu testen, steckte ich jedes montierte Board jeweils an einen Bildschirm und eine Tastatur. Dafür brauchte man Platz, und deshalb saßen wir in Steves Garage.

Wahrscheinlich sind wir nicht ganz unbeteiligt an dem Missverständnis, denn es passte uns ganz gut in den Kram. Wir alle in der Gegend kannten natürlich die legendäre Geschichte von Hewlett und Packard und ihrer Garage. Wenn wir also zum Beispiel einem Journalisten oder einem Händler den Apple-Computer vorstellten, machten auch wir das natürlich in unserer Garage. Und wir erzählten dazu die passende Story: „Wir haben in einer Garage angefangen.“ Damit wollten wir soviel sagen wie: Wir haben mit nichts angefangen.

(Foto: Die Apple-Garage heute)

Natürlich war ich schon mal in der Original-Garage von Hewlett und Packard in Palo Alto. Das ist heute so eine Art Museum, ziemlich klein, aber so eingerichtet, als wäre es ein funktionierendes Labor. Die Story, wie Hewlett und Packard in der Garage anfingen, hatte für mich schon eine riesige Bedeutung, lange bevor wir Apple gründeten. Und der Ort vermittelt mir einfach ein positives Gefühl.

Hewlett und Packard haben mich schon als Kind sehr beeindruckt, denn ich wollte schon immer Ingenieur werden. Ingenieure waren für mich die Menschen, die uns die Geräte für eine bessere Zukunft erschaffen. Auch mein Vater war Ingenieur, er brachte mir vieles bei, ganz handfest und praktisch. Wir bauten zum Beispiel zusammen ein Funkgerät. Zwischen unseren Basteleien malte er oft ein paar Diagramme auf eine Tafel und erklärt mir, wie Elektronen fließen oder wie ein Transistor funktioniert. Auch unsere Amateurfunklizenz machten wir zusammen, als ich 16 Jahre alt war.

Später durfte ich eine Weile für die Firma Hewlett Packard arbeiten. Das hat mich sehr geprägt. Es war ein Privileg. Ich hatte ja nicht einmal einen Uni-Abschluss, durfte aber trotzdem mit der heißesten Technologie von damals umgehen: Taschenrechnern. Auch später noch, als Steve und ich längst in der Garage von seinen Eltern unsere Apple-Rechner testeten, hielt ich das alles noch für ein Hobby und konstruierte weiter tagsüber in meinem Büro Taschenrechner für Hewlett Packard.

Für diesen Job hatte ich mich in meiner Freizeit qualifiziert. Jeden zweiten Mittwoch trafen wir uns mit dem Homebrew Computer Club in der Garage von Gordon French in Menlo Park. Wir hatten alle denselben Traum: Einen programmierbaren Computer zu bauen, der für alle bezahlbar war und vor allem: leicht zu bedienen. Am Anfang war ich total schüchtern und hörte nur zu. Aber irgendwann konnte ich einen eigenen Entwurf vorführen. Das war eigentlich schon der Vorläufer des Apple I.

Als ich den ersten Computer fertig hatte, bot ich ihn Hewlett Packard an. Aber sie wollten ihn nicht haben. Ich wollte das wirklich mit HP machen, weil ich meine Firma liebte. Aber die ließen mich ungefähr fünf Mal abblitzen. Im Nachhinein war es vielleicht besser so. Wenn HP den Apple-Computer übernommen hätte, wäre sicher nicht die lustige, aufregende Maschine daraus geworden, die wir kennen. Sondern eher so ein langweiliges, teures, perfektes Werkzeug für Ingenieure.

Irgendwann lief die Firma Apple von alleine. Also ging ich ans College. Meine Eltern hatten mir immer von ihrer College-Zeit erzählt, und auch ich wollte das meinen Kindern mitgeben können. Also schrieb ich mich ein, unter falschem Namen. Ich nannte mich Rocky Raccoon Clark. Keiner meiner Kommilitonen erkannte mich damals als den Entwickler des Apple-Computers. Alle dachten, ich sei ein ganz normaler 19-jähriger Student wie sie. Sogar mein Diplom ist auf das Pseudonym ausgestellt: Rocky Raccoon Clark. Ich liebe Pseudonyme. Mein liebster Künstlername ist mein Nachname rückwärts geschrieben: Kain Zow.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass diese subversive, spielerische Bastelei immer schwieriger wird, je mehr die großen Multimilliarden-Konzerne die Welt der Technik beherrschen. Oft sind deren Geräte nicht mehr so frei und zugänglich für Bastler wie damals. Das gilt zum Beispiel auch für das iPhone von Apple. Die großen Konzerne schließen durch ihre hermetische Technik viele junge Entwickler und ihre großartigen kleinen Ideen aus. Die Nutzer sollten die Technik an ihre eigenen Bedürfnisse anpassen können. Oft werden diese kreativen Köpfe „Hacker“ genannt. Oft hört man Sprüche wie: Innovation ist gut, aber Hacken ist schlecht. Aber Innovation und Hacken lassen sich eben nicht trennen. Auch das hat die Geschichte der Apple-Garage und der Hewlett-Packard-Garage gezeigt.

Die Garage, in der wir damals unsere ersten Apple-Computer präsentierten, steht immer noch, aber es gibt dort heute eigentlich nichts mehr zu sehen. Die Garage gehört einfach zu einem privaten Wohnhaus. Es gab sicher Orte, die wichtiger für uns und die Computergeschichte waren, zum Beispiel das Schlafzimmer von Steve Jobs, von dem aus wir viele wichtige Telefongespräche führten. Oder mein Arbeitsplatz bei Hewlett-Packard, wo ich oft bis spät nachts saß und bastelte. Allerdings war die Garage emotional sehr wichtig für uns. Da passten locker acht Leute rein. Dort haben wir unseren Traum von Apple erzählt und vorgestellt. Die Garage steht einfach am deutlichsten dafür, was wir waren und was wir wollten. Ich finde, Apple sollte erwägen, die Garage doch noch zu kaufen. Aber Steve Jobs glaubt nicht an das sentimentale Wühlen in der Vergangenheit.

Man kann also die Apple-Garage nicht besichtigen. Aber sie ist trotzdem ein Symbol. Gerade, weil sie so nichtssagend und unscheinbar wirkt, vermittelt die Garage das Gefühl: Wow, das könnte ja auch mir passieren!

Aufgezeichnet von Hilmar Schmundt

Das Buch „Mekkas der Moderne“ ist nominiert von „Bild der Wissenschaft“ als „Buch des Jahres“. Die Gewinner werden im Dezember von „bild der wissenschaft“ vorgestellt.

Speedreading leicht gemacht: Das Buch als Film von 4 Minuten auf Youtube.

Wahlweise als Video, auf Google Maps oder Google Earth

Das Buch bestellen? Zum Beispiel hier.

In 76 Kapiteln führen bekannte Schriftsteller, Forscher und Journalisten quer durch den Kosmos der globalisierten Wissensgesellschaft.

Es gibt verschiedene Lesepfade durch das Buch. Einer davon folgt Orten der Technik, mit Kapiteln von Steve Wozniak, Peter Glaser, Gundolf S. Freyermuth.

Der Technik-Lesepfad verläuft so:

1 Cape Canaveral, Florida: Das Kap der hohen Hoffnung (Peter Glaser)

11 Das Cern bei Genf: Eine Kathedrale der Physik (Mathias Kläui)

12 British Museum, London: Tempel der Aufklärung (Hilmar Schmundt)

14 Die Bibliothek von Alexandria: Wissen als politische Macht (Bernd Musa)

15 Google: Der Schlitz (Peter Glaser)

16 Antarktis: Flucht ins Eis (Gerald Traufetter)

27 Bangalore:     Heiliges Mosaik aus Steinen und Mikrochips (Ilija Trojanow)

29 Die Apple-Garage:     Die Legenden des Rocky Raccoon Clark (Steve Wozniak)

30 Miraikan, Tokio:     Humanoide hinterm Absperrband (Charlotte Kroll)

31 Baikonur, Kasachstan:     Himmelfahrt in der Steppe (Hilmar Schmundt)

34 Mauna Loa, Hawaii:     Eine Kurve verändert die Welt (Christopher Schrader)

39 Oberwolfach:     Der Welt entrückt im Paradies der Mathematiker

(Christian Fleischhack)

42 Nature, Crinon Street 4, London:     Plaudern, Rauchen, Picheln

(Hilmar Schmundt)

44 Kernforschungszentrum Dubna, Russland:     Atom rabotschij

(Meinhard Stalder)

52 Europäische Südsternwarte, Chile:     Nach den Sternen greifen

(Dirk H. Lorenzen)

55 Aspen, Colorado:     Gipfelstürme der Physik (Ulrich Schollwöck)

59 Porthcurno, Cornwall:     Die lange Leitung (Simone Müller)

61 Deutschland:     Kraftwerk Autobahn (Erhard Schütz)

62 Bureau International des Poids et Mesures, Sèvres:     Der Welt Standard(Milos Vec)

71 Phoenix, Arizona:     Der kühle Kult der Kryonik (Gundolf S. Freyermuth)

74 Mars:     Krieg der Welten (Karlheinz und Angela Steinmüller)

75 Second Life:     Der Niedergang (Andreas Rosenfelder)

76 Der Unerreichbarkeitspol der Erde (Martin Wilmking)

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Profil: „Ein fein selektierter Führer durch die Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts.“

Heilige Aufklärung

Die katholische Kirche hat den Vatikan, das Judentum die Klagemauer, für den Islam ist es die Stadt Mekka in Saudi-Arabien: heilige Pilgerstätten der unterschiedlichen Weltreligionen. Es gibt aber auch „heilige Orte“ der Aufklärung und Moderne, wie die Herausgeber von „Mekkas der Moderne“ in ihrem Vorwort erklären. Oft betreten die Besucher sie mit Ehrfurcht, wie etwa das Teilchenforschungszentrum CERN in Genf oder das British Museum in London, das jährlich fast fünf Millionen Besucher aus aller Welt anzieht – weit mehr als der Vatikan oder selbst Mekka. In 76 Kapiteln stellen Wissenschaftler, Schriftsteller und Journalisten ihre Pilgerstätten der Aufklärung vor und bringen dem Leser damit die großen Errungenschaften unserer Wissenschaft näher: von Freuds Behandlungszimmer in Wien bis zu den Galapagos-Inseln, wo Darwin seine Evolutionstheorie entwickelte, von Nietzsches Grab bis zum Weltraumbahnhof in Cape Canaveral. Ein fein selektierter Führer durch die Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts.

Interview zum Buch im österreichischen Rundfunk ORF

Forschung und Lehre: „eine anregende Entdeckungsreise, die neugierig macht und Lust zu eigenen Erkundungen weckt“

Ina Lohaus schreibt in der Zeitschrift „Forschung und Lehre“ über „Mekkas der Moderne“ unter der Überschrift „Entdeckungsreise“:

„Mitglieder der Jungen Akademie der Wissenschaft haben sich auf eine ungewöhnliche Suche begeben. Sie wollten Orte der Wissenschaft finden, die zum Entdecken, Staunen und Begreifen einladen. Wo gibt es in der modernen Wissensgesellschaft Orte, die wissenschaftliche Erkenntnis erfahrbar machen und als säkulare Pilgerstätten eine besondere Anziehungskraft besitzen? In 76 interessanten Essays beschreiben namhafte Wissenschaftler, Autoren und Journalisten solche Mekkas der Modernejeweils aus sehr persönlicher Perspektive. Von Cape Canaveral bis zum sogenannten Unerreichbarkeitspol nimmt dieser außergewöhnliche Reiseführer seine Leser mit zu den unterschiedlichsten Wissensorten unserer globalisierten Welt: zum Beispiel zum Forschungszentrum Cern bei Genf, nach Lambaréné an die Wirkungsstätte Albert Schweitzers, zum Institute for Advanced Study in Princeton, zur Fuggerstadt Augsburg oder zum Mars. Der Leser kann quer durch das Buch auf eine anregende Entdeckungsreise gehen, die neugierig macht und Lust zu eigenen Erkundungen weckt.“

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Kultursendung „Scala“ im WDR5: „Ein Buch, bei dem man denkt: Wie schade, dass man nicht selber auf die Idee gekommen ist.“

Der komplette Beitrag zum „ganz andersartigen Reiseführer“ beim Gespräch mit Milos Vec, einem  der Herausgeber in der Sendung „Scala“ auf WDR5 lässt sich hier anhören.

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ORF-Bericht: „In Reisereportagen und Essays führen bekannte Wissenschaftler zu den für sie wichtigsten Plätzen“

Hier der Bericht von Ulrike Schmitzer im österreichischen Rundfunk ORF über „Mekkas der Moderne“ und zum Anhören auf Youtube.

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„Mekkas der Moderne“ in Leonardo: „Wahnsinnig witzige und spannende Geschichten“

Karl-Heinz Heinemann über „Mekkas der Moderne“ im Radio in der „Leonardo“-Sendung. Fazit: „Das sind teilweise ganz wahnsinnig witzige und spannende Geschichten. Ich würd’s auf jeden Fall empfehlen,das kann sich jeder mal angucken, der irgendwie spannende Wissenschaft erleben will.“

Sendung vom 30. April 2010, 16.05 bis 17 Uhr hier herunterladen als MP3. (Buchrezension ab Minute 37:32).

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Deutschlandradio Kultur: „Kurzweilige Lektüre“

Deutschlandradio Kultur wirft in einer interessanten Rezension von „Mekkas der Moderne“ zentrale Fragen auf:

„Mit einem Reiseführer für den Lehnstuhl hat man es hier also zu tun. Er bietet eine kurzweilige Lektüre, weniger wegen seiner Ortsbeschreibungen als wegen der Kurzgeschichten über die krummen Wege der Wissenschaft.Von Fächergrenzen haben sich die Herausgeber zu Recht nicht aufhalten lassen. Anthropologie und Archäologie sind ebenso vertreten wie Astronomie oder Architektur. Wem die Fachliteratur zu unverständlich und die historische Detailforschung zu abwegig ist, der erhält mit diesem Reiseführer einen Eindruck von der Zielstrebigkeit, aber auch von den Zufällen und Irrwegen menschlicher Wissbegier.“

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Eingeordnet unter Freistil, Geheime Labyrinthe, Laboratorium, Technik

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